Perfekte Zirkel reiten
Egal ob das Pferd nicht abwendet, in den Zirkel oder aus dem Zirkel drängt, schneller oder langsamer wird - in diesem Buch gibt es Übungen für jedes Problem.
Außerdem enthalten: Links zu Skizzen und Übungsvideos
Leseprobe
I
Warum ausgerechnet Zirkel?
Nun, der Zirkel ist eine der ersten Hufschlagfiguren, die eine Reiterin kennenlernt. Bereits im Anfängerunterricht an der Longe bewegt sich das Pferd auf dem Zirkel.
Der Zirkel ist außerdem in jeder Reitweise zu finden. Ob Englisch, Western oder Barock, ob Dressur- oder Springreiter, niemand kommt ohne den Zirkel aus.
Ich denke sogar, er war die erste Figur, die Menschen für die Pferdeausbildung benützt haben. Nein, ich habe keinen historischen Beweis dafür. Es erscheint mir einfach logisch. Das Pferd als Fluchttier wird immer versuchen wegzulaufen. Wenn es das nicht kann – weil es zum Beispiel am Seil hängt – wird es irgendwann im Kreis rennen. Voila! Ein Zirkel entsteht.
Im Laufe der Zeit haben Menschen entdeckt, dass man das Pferd auf der Kreislinie kräftiger und geschmeidiger machen kann. Außerdem ist es ihnen nicht entgangen, dass die Art, wie sich das Pferd auf der Kreislinie bewegt, einen Hinweis darauf liefert, wo es noch hakt. Ist es schief? Ist es steif? Ist die rechte Seite besser oder die linke?
Somit wurde der Zirkel zum Trainingstool, Diagnosewerkzeug und gleichzeitig zur Therapie. Denn viele Probleme von Reiter und Pferd lassen sich auf dem Zirkel erkennen und beheben. Ein Pferd, dass jedoch in korrekter Manier auf dem Zirkel läuft, trainiert auf ideale Weise seine Muskeln.
Lange Zeit war kein fixer Durchmesser für den Zirkel festgelegt. Auch heute reitet man Kreislinien mit unterschiedlichem Durchmesser. Mit der Entstehung der Turnierreiterei wurde es jedoch wichtig, dem Kind einen Namen zu geben – und damit einen vorgeschriebenen Durchmesser.
Der Zirkel vielseitig einsetzbar. Man kann das Pferd auf der Kreislinie lösen, genauso aber das Gleichgewicht und das Körpergefühl schulen. Er dient dazu, Stellung und Biegung zu überprüfen und damit die Geschmeidigkeit des Pferdes. Der Gehorsam auf den inneren Schenkel lässt sich ebenfalls üben.
Klingt alles super – oder? Dummerweise ist das Reiten auf dem Zirkel nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick erscheint. Dabei sieht es doch so einfach aus!
Was soll da schon schwierig sein?
Schließlich geht es nur darum, einen Kreis mit zwanzig Metern Durchmesser zu reiten. Nichts anders ist der Zirkel. Je nachdem in welchem Teil der Bahn er sich befindet, bezeichnet man ihn als Zirkel bei A, Zirkel bei C oder Mittelzirkel.
In Österreich nennt man den Zirkel Große Tour, in der Schweiz heißt jeder Kreis Volte und es wird der Durchmesser dazu gesagt. Um es einfach zu halten, beschränke ich mich auf die Bezeichnung Zirkel.
Theoretisch musst du nur die Ecken abrunden und den dadurch entstehenden Bogen weiterführen, um einen perfekten Zirkel entstehen zu lassen.
Ist diese so einfach erscheinende Aufgabe eine Herausforderung für dich? Dann kann ich Dich beruhigen. Du bist damit nicht allein.
Ich habe schon viele Reiterinnen mit der simpel erscheinenden Aufgabe kämpfen sehen, einen großen Kreis zu reiten.
Besonders wenn du erst mit dem Reiten beginnst, wirst du wahrscheinlich zu jenen gehören, bei denen der Zirkel sehr seltsame Formen annimmt.
Ausgesprochen beliebt ist die Mandarinenform, bei der die Kreisform abgeplattet wird. Ich rate dann meinen Reiterinnen sich eine Orange vorzustellen und daneben eine Mandarine. Damit sie eine Idee bekommen wo sie hinsollen (Orange) und wo sie sind (Mandarine).
Auch Eier sind sehr beliebt und wenn es gar nicht klappt, dann wird aus dem Zirkel gelegentlich ein Dörrpfläumchen.
Oft geht das Reiten des Zirkels in eine Richtung leichter als in die andere. Das Pferd hat genauso eine bevorzugte Richtung, wie die Reiterin. Wenn nun sowohl die Reiterin als auch das Pferd dieselbe Bitterschokoseite haben, dann wird es gleich noch ein Stückchen schwieriger. Da kann es passieren, dass eine Richtung tadellos funktioniert und die andere überhaupt nicht.
Den Ausdruck Bitterschokoseite habe ich mir von einer Reitschülerin ausgeborgt. Sie fand die Bezeichnung schlechte Seite so negativ. Und wenn die gute Seite die Schokoladenseite ist, warum soll dann die weniger gute Seite nicht die Bitterschokoseite sein?
Ein weiteres Problem ist, dass Pferde auf magische Weise von der Bande angezogen werden, sodass das Wegreiten von der Bande meist deutlich schwieriger ist, als das auf die Bande zu reiten. Es kann aber auch umgekehrt sein. Wenn das Pferd zum Beispiel möglichst schnell wieder zurück möchte und den Bogen regelmäßig abschneidet, statt ihn auszugehen.
Das Erreichen der Mitte der Bahn ist ebenfalls eine Herausforderung. Schließlich ist es am einfachsten, auf einer möglichst geraden oder bestenfalls leicht gebogenen Linie von Zirkelpunkt zu Zirkelpunkt zu reiten. Der deutlich geschwungene Bogen, der tatsächlich zur Mitte reicht, ist wesentlich schwieriger. Das beginnt bei der Vorstellung dieses Bogens und setzt sich fort bei der Ausführung.
Da wird der Zirkel zu groß, zu klein, zu eckig oder das Pferd biegt gar nach außen ab. Das kann am Pferd liegen – zum Beispiel, weil es zu schief und zu steif ist –, oft liegt es jedoch auch an der Reiterin.
Welche Fehler in der Hilfengebung dazu führen können, dass das Pferd zu weit innen, zu weit außen oder gar geradeaus läuft, schauen wir uns im Kapitel Wie sag‘ ich’s meinem Pferd? an.
Dummerweise neigen Pferde dazu, Verhalten zu wiederholen. Ich gebe dir ein Beispiel. Nehmen wir an, dass dein Pferd drei Mal nach außen abgebiegt, weil deine Gewichtshilfe falsch ist. Dann kann es passieren, dass das Pferd immer noch nach außen abbiegt, auch wenn die Hilfen beim vierten Versuch korrekt sind.
Du siehst also, es gibt so einiges, was beim Reiten des Zirkels Schwierigkeiten machen kann.
Beginnen wir mit dem Zirkel an sich. Denn da stehen die meisten Reiterinnen schon vor dem ersten Problem.
Mehr zum Buch
Ich durfte in 30 Jahren als Reitlehrerin viele unterschiedliche Reiter-Pferd-Paare begleiten.
Der Zirkel birgt Herausforderungen für jedes Niveau.
Bei Anfängern besteht sie darin, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie ein Zirkel aussehen soll. Im nächsten Schritt geht es darum, das Pferd exakt zu führen. Fortgeschrittene kämpfen widerum damit, das Pferd im richtigen Ausmaß zu biegen.
Im Laufe der Jahre hat sich eine ganze Kiste voller Werkzeuge angesammelt, die ReiterInnen dabei unterstützen, auf eine feine und pferdefreundliche Art bessere Zirkel zu reiten.
All diese Werkzeuge möchte ich nun mit interessierten Pferdefreunden teilen. Es spielt keine Rolle, ob sie auf Schulpferden reiten, eine Reitbeteiligung oder eigene Pferde haben. Es spielt auch keine Rolle, ob sie Anfänger sind, nur zum Vergnügen reiten oder bereits für die ersten Turniere trainieren. In diesem Buch gibt es Übungen für jedes Niveau.
TrainerInnen die das eigene Werkzeugkisterl füllen möchten finden eine ganze Reihe von Anregungen.
Testleserstimmen
Hallo Bettina,
Das Buch mit sehr gut gefallen. Es ist nicht nur informativ, sondern auch voller Leidenschaft für die Pferde und die Kunst des Reitens. Die Erklärungen sind klar und einfühlsam, sodass man sich die verschiedenen Übungen und Bewegungen bildlich vorstellen kann. Die praktischen Tipps und anschaulichen Beispiele erwecken in mir den Drang, das Gelesene gleich in die Tat umzusetzen.
Liebe Grüße
Julia
Hallo Bettina,
ich konnte jetzt endlich mit dem Testlesen beginnen. Bin im ersten Viertel. Beeindruckend wie du das geschrieben hast. Hab noch nur 1x versucht nen Zirkel zu reiten und ich finde toll, wie du deine Tipps usw. beschrieben hast. Das kann man sich echt gut vorstellen, wie man das besser machen kann.
Liebe Grüße
Bianca